Dienstag, 19. Oktober 2010

liebster schmetterling - die sechste

Liebster Schmetterling,

kleinste Berührung, nebenbei und doch glühend registriert. So waren unsere Berührungen am Anfang. Jedes Mal, wenn wir eine gemeinsame Raucherpause machten und du mir Feuer gabst, versuchte ich deine Hand zu berühren. Ganz kurz, ganz unauffällig. In diesen Momenten spielten die Schmetterlinge in meinem Bauch fangen. Wenn ich nun daran denke, dass es lange gedauert hat bis Zärtlichkeiten bei uns selbstverständlich wurden, muss ich lächeln. Lächeln deshalb, weil wir uns am Ende gar nicht genug Zärtlichkeiten geben konnten. Unser erster Kuss war unbedarft und ist nur passiert, weil uns der Alkohol den Mut dazu verliehen hat. Doch da verboten war, was passierte, hatten wir danach keinen Mut mehr. Wir redeten, in deiner Küche. Dabei sahen wir uns in die Augen. Minuten, die mir vorkamen wie die Ewigkeit. Es war als wollten wir durch die Augen des anderen dessen Seele ergründen und uns irgendwo in deren Tiefen die Erlaubnis holen einen Schritt weiter zu gehen. Der zweite Kuss war auf deiner Türschwelle. „Damit es sich lohnt“, sagte ich, nahm all meinen Mut zusammen, küsste dich und rannte weg. Als ich in meinem Auto saß, musste ich grinsen, weil sie wieder da waren, die Schmetterlinge. Der dritte Kuss war der Realste. Er war deshalb real, weil er der Punkt war, an dem es kein zurück mehr gab. Es war der Moment, in dem ich einen neuen Weg eingeschlagen habe. Raus aus meinen Zwängen, raus aus meinen Verpflichtungen, zurück in die Freiheit. Die Freiheit ich selber zu sein. Zurück in das Leben, dass mir genommen wurde. Als wir an diesem Abend entschlossen zu dir zu gehen, war mir klar, dass ich nun an dem Punkt stehe, mich zu entscheiden. Entweder ich gehe den Weg des geringsten Widerstandes. Ich gehe nach Hause in mein altes Leben und mache mir weiter vor glücklich zu sein. Oder ich gehe mit dir. In eine ungewisse Zukunft, voller Komplikationen und Probleme, aber glücklich und vor allem frei. Ich entschied mich für Letzteres und habe keine Sekunde meine Entscheidung bereut. In dieser Nacht schliefen wir das erste Mal miteinander.
Nun kann ich dir ja sagen, dass ich unglaubliche Angst davor hatte. Angst vor deinen und meinen Erwartungen. Doch diese wurden in keinster Weise enttäuscht. Immer wenn wir miteinander geschlafen haben, war es, als würden wir uns neu entdecken und doch schon Jahre kennen. Es fühlte sich an, als würden wir uns nicht nur der körperlichen Liebe hingeben, sondern uns währenddessen von Herzen lieben. Am schönsten war die Leichtigkeit, mit der wir uns in der Hinsicht verständigt haben. Keiner musste sagen, was er wollte, der andere wusste es schon.
Im Nachhinein war es noch viel schöner durch die Zeit, in der wir mit den Augen die Seele des anderen ergründeten und uns irgendwo dort selber wieder fanden. Durch den Verzögerungsgenuss…

Dein Mädchen mit dem rosa Springseil

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